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Montag, 21. Juli 2014

Kleine Geschichten vom Weg

Der Tradition verpflichtet nach vielen Tagen wieder ein paar Zeilen von unterwegs. Sie sollen aufzeigen, wie nahe Glück und Wahnsinn manchmal (oder ständig) beieinander liegen.

Von Schwarzenbach/Saale, also dem letzten Ort vom letzten Blogeintrag ging es weiter gen Süden. Süden klingt nach Sonne, doch die war an diesem Tag hinter dichten Regenwolken, die sich den ganzen Tag lang nichts schöneres vorstellen konnten, als sich auszuregnen. 
Ich lief und lief..unds war fast schon meditativ(bisschen Reimerei muss schon sei^^). 
Das einzige an meinem Körper was nur äusserlich nass war, waren meine Schuhe. Bei jeder Pause fing ich bald zu frieren an, also laufen,laufen laufen. "Im nächsten Dorf gibts bestimmt ne Kirche, bei der ich um Obdach für die Nacht bitten kann..oder wenigstens nen Bauern, der mich in seine Scheune lässt..oder irgendwen, der am plötzlich am Wegesrand steht und sich meiner erbarmt." Das dachte ich bei jedem Örtchen, in das ich kam. Leider wollts an diesem Tag nichtmal das kleinste Kirchlein geben, bis ich beim Blick auf die Karte festellte, dass ich schon 28km gelaufen war und in 2km Marktredwitz kommt. "Ein großer Ort bedeutet ne Kirche..also weiter, Digger!"
Gleich nachm Ortseingang las ich auf einem Schild "Freie Christengemeinde". JUCHUUUU, da komm ich bestimmt unter, oder wenigstens n Tipp..dachte ich..und stand bald vor ner verschlossenen Tür, an der zwar stand, was sie glauben, aber leider keine Telefonnummer oder so. Also lief ich weiter, bis ich an der Heilig-Geist-Kirche ankam..wo ebenfalls niemand da war. 
Es war inzwischen nach 17Uhr und es regnete und regnete. So fragte ich Leute, die grad vor ihrem Haus standen und mich wegen meinem Wagen anquatschten, obs hier irgendwo sowas wie ne offene Kirche gibt. "sowas hamma hier ned und braung mer a ned!" war die Antwort. Ich solls mal in der Jugendherberge probieren. "die hat doch schon ewig zu!" sagte eine Frau, die dazukam. Beim Bahnhof sei noch eine Kirche, bei der ich es versuchen sollte. 
Als ich dort ankam traf ich auf eine Schwester, die gerade aus dem dazugehörigen Kindergarten kam und mich mit einem Lächeln und der freundlichen Frage "Was brauchen sie?!" begrüßte.
Ihr glaubt nicht, welch Balsam das für mich war. Ich erklärte woher ich komme und fragte, ob es hier einen Platz für mich gäbe. Ja, es gibt eine Notunterkunft in der Gemeinde. Ich solle das mit dem Pfarrer besprechen, der bald kommen müsste, da um7 die Messe stattfindet. Was für eine Freude und Erleichterung!
Leider öffnete beim Pfarramt niemand und der Mann, den ich in der Kirche traf meinte, er sei nicht der Pfarrer und könnte mir auch nicht weiterhelfen.
So saß ich dann naß, frierend, dem "Ziel" so nah und doch so fern auf der Treppe vorm Pfarramt und wartete. Nach ner Weile kam ein Mann vorbei und rief mir zu 
"Des Pfarramt is heit scho gschlossn!"
"mir wurde gesagt, dass der Pfarrer aber heut noch vorbeikommt." entgegnete ich.
"I bin der Pfarrer!"
"ja sehr schön! Auf sie hab ich gewartet! Sie sind der, der mir heute vielleicht Obdach gewährt." :-)
Erst sagte er, dass die Unterkunft erst ab 20Uhr beziehbar ist, da die Toilette da drin von den Gottesdienstbesuchern benutzt wird und ich dachte er macht nen Scherz. Doch er eilte zur Kirche.
Während ich da frierend saß und die Welt nicht mehr verstand, kam er nach nichtmal 2min zurück und sagte " wenns sie nicht stört, dass da eventuell jemand aufs Klo geht, kann ich sie auch jetzt schon reinlassen."
Na Halleluja! Mein Gott war ich dankbar, als ich kurz darauf diesen Raum betrat:  

Ein Dach überm Kopf, ein weiches Bett, frisch duftende Bettwäsche, n Waschbecken und ne Toilette nebenan. Herrlichst! Erstmal raus aus den nassen Sachen und n bisschen liegen :-)
Als bald darauf die Glocken zur Messe läuteten, wollten zwar mein Körper gerne liegen bleiben, aber Seele und Geist sehnten sich so sehr nach ner Predigt, nach diesen schönen,klaren, alten Liedern und der Gemeinschaft mit anderen Christen, dass ich mich doch aufraffte.
Die Lieder waren wunderbar und ich sang sie von Herzen mit, so gut ich konnte. Auch die gelesenen Bibelstellen waren eine Wohltat. 
Als es aufs Abendmahl zuging, war ich mir nicht sicher, ob ichs nehmen darf. Ich kenn mich mit den Sitten und Gebräuchen in der katholischen Kirche halt nicht so aus. Der Pfarrer nahm mir diese Bedenken allerdings, in dem er vor dem Abendmahl an Gottes Bund mit allen erinnerte und auch daran, dass wir alle(!)   Teile seines Leibes sind und Gott sich Einheit wünscht.
Alle Unklarheiten beseitigt :-) So nahm ich mit meinem katholischen Brüdern und Schwestern das Abendmahl..und es fühlte sich total gut an!
Nach der Messe ging ich Richtung meines Nachtlagers,als ich hörte, wie die Schwester vom Kindergarten einer Gottesdienstbesucherin sagte, dass ich Pilger bin, worauf sie sehr interessiert klang. Warum nicht also noch n paar Minuten Zeit mit meiner gastgebenden Gemeinde verbringen? Wir wechselten ein paar Worte und als sie ging, steckte sie mir nen 10€-Schein in die Hosentasche.
Etwas zu Essen wäre so langsam auch angebracht, dacht ich, aber die einzige Option war die gegenüberliegende Pizzeria, so sagte man mir. Das is zwar kein Pilgerstyle, aber sonst gabs halt nix. ..und wofür hab ich eigentlich gerade 10€ bekommen?
Die bestellte Pizza und das dazugehörige Radler kosteten dann 9,40€ und es gab noch nen Schnaps aufs Haus dazu. Die Pizza nahm ich mit in meine Unterkunft und während ich sie dankbar aß, klopfte es an der Tür.
"Ja, bitte?"
Der Pfarrer kam herein und sprach lächelnd "die Frau mit der sie vorhin gesprochen haben hat mich gerade angerufen. Ich soll ihnen 100€ geben." Sprachs, legte mir zwei 50€ Scheine hin und ich brachte nix ausser nem gestotterten "Gelobt sei Jesus Christus, Herr Pfarrer!" heraus. Er lächelte wieder und wünschte eine erholsame Nacht und einen guten Weg am nächsten Tag.
Was für krasse Gegensätze an ein und demselben Tag! Die Kirche hiess übrigens St. Josef Kirche, falls das jemanden interessiert.

Tagsdarauf war das Ende meiner Tagesetappe das Dörfchen Falkenberg, dass direkt an der Naab liegt. Am Ortseingang war ein Gastgeberverzeichnis, wo stand, dass es im Gasthaus zum roten Ochsen Zimmer ab 15-18€ gibt. Guter Plan B, falls bei der Kirche wie so oft bisher niemand da ist.
Ja, auch diesmal war es so. Schmuckes schön hergerichtetes Kirchlein, aber leider niemand anzutreffen oder zu erreichen. Also Plan B. War auch nicht so weit von der Kirche entfernt. Dort sagte mir die Wirtin, dass man die Zimmer erst neu herrichtet würde und deswegen gar keine anbietet. Später erfuhr ich, dass sie nur keinen Bock hatten, n Zimmer für nur eine Nacht zu vermieten, weil der Verdienst zu gering ist. Kann ich n stückweit nachvollziehen, aber dennoch bedrückte mich das etwas. Vorallem das angelogen worden zu sein. Sie verwies mich dann an eine andere Zimmervermietung, wo ich dann auch unterkam und neben einem Frühstück sogar meine Wäsche gewaschen und getrocknet bekam. (das wurde aber auch wirklich höchste Zeit, grinz).
Beim Frühstück unterhielt ich mich gut mit meiner Gastgeberin, die eine treue und ehrliche Christin war, die trotz ihrer Gebrechen und dem zu pflegenden Mann nicht jammerte, sondern mir, (der wie jeden Morgen Angst vorm neuen Tag hatte) Mut zusprach. "verlassen sie sich aufn Herrn, der wird ihnen helfen, glaubens mir das!" Es ließ mich demütig werden.
Sie erzählte mir noch, dass sie in ihrem Dorf keinen Pfarrer mehr hatten. Als sie einen neuen bekamen,nahm sie ihn über Wochen bei sich auf. Inzwischen hat er eine Wohnung..und lässt sich bei ihr nicht mehr blicken.
Die Kirche ist wenige hundert Meter entfernt, aber sie kann aufgrund ihres Alters nicht mehr soweit gehn. Mehrere Operationen hat sie hat sie hinter sich, aber es wird wohl nicht mehr  besser werden. Warum kann nicht irgendeiner diese Frau, diese sehnsuchtsvolle,auf ihren Herrn trauende, liebe(nde) Christin aufm Weg zum Gottesdienst abholen? Ich hatte wieder Tränen in den Augen. In diesem Moment aber nicht wegen mir und meinen Ängsten.

Über die Tage darauf schreibe ich ein andermal.

Bis bald, meine Lieben!




1 Kommentar:

  1. Lutherbibel 1912
    Gastfrei zu sein vergesset nicht; denn dadurch haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt.
    Auch wenn du eher ein Bengel bist ... ;-) da gibt es noch folgenden Auftrag:
    Matthäus 25 ab Vers 35
    Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

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