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Dienstag, 22. Juli 2014

Beschenkt

Nach der Nacht im Schuppen gings weiter gen Süden. Die Sonne gab ihr Bestes und die An- und Abstiege waren mit 2Händen kaum zu zählen. Kaum hatte ich mich einen weiteren Berg raufgeschleppt, sahs in etwa so aus:

























und die Frage war: WARUM??? In Gedanken stellte ich mir manchmal vor, wie lange man schippen müsste, um "das Loch" aufzufüllen, damit ich nicht schon wieder bergsteigen muss :-)
Als kleine Belohnung oder Abwechslung las ich  auf nem Wegweiser "Obstlehrpfad" und praktischer Weise deckte er sich über mehrere Kilometer mit meinem Weg. Die Namen der verschiedenen Bäume waren teils sehr lustig, doch ich muss zugeben, dass ich sie trotz manchem Schmunzeln alle wieder vergessen hab. Geht doch einfach selbst bei Interesse :-P
Nach dem weiten Weg vom Vortag und den vielen Steigungen am heutigen Tag, war ich nach 20km bereits ziemlich am Ende, als ich durch eine Ortschaft lief, deren Name mir wirklich leider entfallen ist. Leider deshalb, weil es in diesem Örtchen eine wunderbare Familie gab. Ich kam zum Ort rein, ging wie immer als erstes zur Kirche zum beten und anschließend schaun, obs ne Herbergsmöglichkeit gibt, aber ihr ahnt es schon..nix. Kirche offen, aber niemand menschliches anwesend. Wenigstens gabs gegenüber nen Metzger, wo ich mir n paar leckere Käsewürstchen und evtl etwas kaltes zu trinken erhoffte. Gabs beides zum günstigen Preis und da die Verkäuferin unaufgesetzt freundlich war, erkundigte ich mich gleich noch, obs nicht n empfehlenswertes Zimmer im Ort gibt. Gabs leider nicht. Sie fragte ihren Vater, der gleich hilfsbereit herbeieilte und mir eröffnete, dass er mir in etwa 17km Entfernung etwas empfehlen kann. "17Kilometer? Also 3-4-5schaff ich heut mit viel gutem Willen vielleicht noch, aber ehrlich gesagt bin ich schon jetzt am Ende meiner Kräfte ." entgegnete ich. "Jetz nimmster dein Wogn, gehst ums Haus und ruhst di bei uns im Gartn erschdamol aus. Mir ham a Bank do und do setzt di hi. Brauchst no wos? I kimm a glei hinter." Nee, hab ja grad bei euch eingekauft ;-)
Ich tat wie mir geheissen und unterhielt mich mit ihm. Später kam sein Sohn dazu, der wie sein Vater von der Sorte Mensch war, wies auf diesem Planeten noch viel mehr geben sollte: offenherzig, freundlich, hilfsbereit, ungeheuchelt verständnisvoll, mit offenem Ohr und ohne sich auch nur im geringsten über einen Anderen zu erheben. Später redete ich mit dem Sohn noch fast ne Stunde, wobei ich erfuhr, dass er auch schon Pilgern war. Auf ner Wallfahrt nach Altötting. An die 120km an 3(!) Tagen. Fast Selbstkasteiung in meinen Augen, aber nicht das erste mal, dass ich von dieser Wallfahrt nach Altötting mit diesem Pensum auf meinem Weg durchs Bayernland hörte.
Der Vater bot mir dann an, mich die 17km zu fahren, was ich aber ablehnte, da mich die in einem früheren Beitrag erwähnte Fahrt von der tschechischen Grenze nach Hof ganz schön ausm Rhythmus brachte. Damals, als ich nach etwa 28km zehrenden Tagesmarschs liebgemeint in 20min 20km zur nexten Pilgerherberge gefahren wurde,  wurde ich an den folgenden Tagen so manches mal in Versuchung geführt, einfach bequem in den nächsten Bus zu steigen. Diesen "Fehler" wollte ich nicht noch einmal begehen.
Als ich glaubte, mich lange genug bei ihnen aufgehalten zu haben, überredete er mich dann doch mit dem Kompromiss, mich 7km zum bayrisch-böhmischen Radweg zu fahren, auf dem ich einfach nur noch geradeaus laufen müsste. Es waren dann 9, du Schlingel, aber auf der Fahrt hatten wir noch ein gutes Gespräch über Gott, die Welt und Gerechtigkeit. Sie waren wahrlich Christenmenschen.
Vom Sohnemann bekam ich beim Abschied noch ein Paket mit 5Würsten und nen 10€Schein zugesteckt, damit die Übernachtung nicht so sehr ins Gewicht fällt. Vergelts Gott, ihr lieben!
Der Radweg war super und nach ner guten Stunde sah ich am Wegesrand in Schwarzhofen bzw einem Ortsteil davon nen Bierwerbungsschirm, welcher in mir einen unstillbaren Drang nach nem kühlen Radler hervorrief ;-)
Ich setzte mich an den Tisch zu einem nett dreinschauenden Mann, der mich n bisschen an Ottfried Fischer erinnerte. Er hiess allerdings Franz, doch der Nachname stimmte :-)
Mein bestelltes Radler ging aufs Haus, also auf ihn, und er liess mir  gleich noch ein zweites bringen, weil ich wohl so fertig aussah. Wir kamen sehr leicht in ein sehr gutes Gespräch, welches über mehrere Stunden und 5oder6 Radler ging. Er war Inhaber des angrenzenden Baumarktes und eigentlich war das hier nur früher mal ne Kneipe. Die Getränke kamen also aus seinem Privatkeller..
Mein Durst war irgendwann wirklich gestillt und ich hatte ja auch noch ein Stück zu laufen. Eigentlich..denn er rief im nahegelegenen Dörfchen Girnitz an und fragte bei einer ihm wohl bekannten Zimmervermietung, ob sie ihre Zimmer auch tageweise vermieten(er war an meinem Weg sehr interessiert und so beantwortete ich natürlich auch die Frage, wie das so mit der Unterkunft läuft.). Taten sie glücklicherweise und so hatte ich nur noch 20min zu laufen. Vorher aber liess Franz mir von seiner lieben Frau noch nen Teller zu Essen bringen: ein Kotelettschnitzel mit hausgemachtem Kartoffelsalat und noch nen Gartensalat dazu. Mannomann war das lecker! Als ich dann wirklich aufbrechen musste, gab er mir noch ne Stange Marlboro mit, damit ich nicht immer Kippen drehen muss. Ein guter Mensch..und zwar nicht nur wegen seiner Geschenke!
Ich hob den Hut und machte mich auf den Weg nach Girnitz, wo ich nach nichtmal 2km durch die immernoch kraftvolle Abendsonne nett empfangen wurde. Sogar eine Badewanne gabs und meine Gastgeberin bot mir an, meine Wäsche zu Waschen und in den Trockner zu schmeissen, damit ich morgen wieder ne frische Komplettausstattung hatte. Während ich alles zu waschende zusammenkramte, liess sie mir Wasser ein.
Nach dem Bad musste ich feststellen, dass sich mein Pilgerausweis leider ebenfalls in der Schmutzwäsche befand. Erst war ich deprimiert, aber dann dachte ich nach den "Kämpfen" der letzten Tage daran, dass es vielleicht Gottes Antwort auf mein Gebet war, bei dem ich ihm um n Zeichen bat, ob er will, dass ich diesen Weg weiterlaufe,oder nicht. Es wäre schade um die schönen Erinnerungen in Form der Stempel gewesen, aber ohne diesen Ausweis kann/brauch/muss ich nicht weiterlaufen. Meine Gastgeberin hiess mit Familiennamen "Sorgenfrei" und so beschloss ich, mir zumindest für diesen Abend auch keine Sorgen mehr zu machen :-)

Morgens nachm aufstehen stand schon das Frühstück aufm Tisch und daneben lag meine getrocknete und zusammengelegte Wäsche. Natürlich schaute ich sofort in der Hosentasche nach..und da war mein offensichtlich gewaschener und getrockneter Pilgerausweis. Genauso wie ich hatte sie trotz Taschenabtasten das dünne Heftchen nicht erfühlt. Ich schlug ihn auf uns siehe da:


Kein "Ja" aber noch weniger ein "Nein". Verwendbar war er noch, also ging ich weiter.

Gegen 10Uhr war das Thermometer schon fast bei 30Grad. Mein Liter Wasser war demzufolge schnell aufgebraucht und bei jedem Ort hoffte ich auf n Geschäft, ne Kneipe oder irgendwas, wo es was zu trinken gab. Es wollte einfach nichts kommen. Nachdem der Speichel immer weisser wurde und meine Mundwinkel langsam..naja lassen wir das..jedenfalls kam dann dieser Ort:

Ich  lief die Hauptstraße entlang und zu meiner Freude war da auch gleich ein Gasthof..der leider geschlossen hatte. Zwar standen Getränkekästen vor der Tür, aber es war niemand da und einfach nehmen selbst mit Geld hinlegen konnt ich in diesem Moment irgendwie nicht. So machte ich n Päuschen, aber es kam niemand. Als ich auf nem gegenüberliegenden Grundstück nen älteren Herrn erblickte, sah ich meine Chance gekommen, ging zu ihm und fragte, ob er mir etwas zu trinken verkaufen könnte. Als er mich trotz gezücktem Portemonaies nicht verstehen wollte oder konnte, zeigte ich ihm meine angelaufene, leere Wasserflasche und fragte, ob ich sie bei ihm auffüllen darf. "Naa, i kann iana nix gehm!" sprach er durch seine etwa drei Goldzähne und ging. Ich war sprachlos und hätte am liebsten auf der Stelle die Rentenkasse entlastet.
So ging ich weiter und hoffte, die 3km oder wieviel das waren ins nexte Kaff zu schaffen, als ich ein paar Häuser weiter Leute in ner Garage rumschrauben hörte. Diesmal war kein Problem, was eigentlich kein Problem ist. "Komm rein. da vorne ist der Wasserhahn. Trink soviel du magst!"  Hab erstmal nen ganzen Liter weggeatmet. "Du kannst dir auch gern den Stuhl da nehmen. Wir sind hier gleich fertig und dann können wir n bisschen quatschen, wenn du willst." Sehr gerne!
Ich setzte mich hin, beobachtete die zwischen den Obstbäumen umherlaufenden Hühner und rauchte eine von Franzens Marlboro bis mein freundlicher Wasserspender sich zu mir setzte. Natürlich dauerte es nicht lange, bis wir über Gott und die Welt redeten. Später holte er uns jedem noch n Humpen hausgemachten Beerensaft und nachdem ich mich -weil willkommen-  schon etwa eine halbe Stunde mit ihm unterhielt, fragte seine Frau, ob ich nicht mitessen will. Es sei nur einfache Kost, aber aus eigenem Anbau. Gerne, warum nicht. In der heute extremen Mittagshitze wäre laufen eh ne Tortur. Es gab Erbspüree mit Schinken-Blumenkohl-Sahnesoße und dazu noch Salat und ein weiteres Glas leckeren Beerensaft, bei dessen Geschmack man automatisch pralle,saftige,rote Erdbeeren vorm geistigen Auge hatte. Wir unterhielten uns zu dritt sehr gut und hatten ohne zu schleimen in allem ausser der Gottesfrage dieselben Ansichten. Schee wars bei eich!
Nach wiederum  insgesamt etwa 20km war bei mir die Luft nahezu raus, aber ich wollte mein 25km Tagespensum einhalten. Eine Frau kam mir auf der ruhigen Straße mit dem Fahrrad entgegen und ich fragte sie nach einer Unterkunftsmöglichkeit in der näheren Umgebung. Sie empfahl mir das Waldhaus Einsiedel , das nur 5km entfernt war. Passt ja. Es ging zwar nur noch an der Landstraße lang, aber die war wie gesagt wenig befahren. Am Ende gings auch noch n Stück durch den Wald. Wär ja sonst auch kein Waldhäusl, ne ;-)
Fix n Radler bestellt und was zu essen dazu. Nach dem Radler fragte ich, was bei ihnen ein Zimmer kostet, worauf ich erfuhr, dass sie gar keine haben. Nee,oder??? Ich konnte beim besten Willen nicht mehr. Schon die letzten 5km fühlten sich an, als wären es 10 oder mehr und bis zur nächsten Unterkunftsmöglichkeit waren es noch 5 bzw 7km.
Als ich mich umdrehte um rauszugehn stand plötzlich eine ältere Dame vor mir, die das alles wohl mitgehört hatte und sehr interessiert an dem Pilger schien. Wir setzten uns zusammen an nen Tisch und redeten. Sie bot mir an, mich mit dem Auto zu ner Unterkunft mitzunehmen . Beim essen wurde unser Gespräch sehr intensiv, was wohl daran lag, dass sie selbst schon gepilgert ist. Als wir losfuhren erzählte sie, dass sie den Wolfgangsweg mit wiederbelebt hat und während wir uns unterhielten, sagte sie, dass sie in der Nähe von Deggendorf wohnt, also noch ein ganzes Stück Donauabwärts gen Österreich und dass es da n Kloster gibt, zu dem sie mich jetzt bringt, damit ich wieder auftanken kann. Widerrede zwecklos. Um ehrlich zu sein, nahm sie mir damit die Entscheidung ab, diesen endlos scheinenden Weg , der mich an und über meine Grenzen gebracht hat  fürs erste zu beenden. Plötzlich wurde mir sehr klar, was für ein Wahnsinn das war, auf den ich mich da eingelassen hatte. Ich war psychisch seit Tagen, wenn nicht gar schon seit der "Vorbereitung" überfordert. Es traf meinen Stolz mir einzugestehen, dass ich mir zuviel vor- und mich übernommen hatte. Was sollten die Menschen denken, die an mich geglaubt, mich unterstützt und treu für mich gebetet haben? Wie sollte ich das nur vor mir,Gott und den Menschen bei soviel erlebten Segen rechtfertigen? Ich hab sehr mit mir gerungen und eigentlich hab ich erst heute, fast eine Woche danach, in einem Franziskanerkloster in Österreich meinen Frieden damit machen können.
Doch das ist wieder eine andere Geschichte, die ich euch in nem anderen Beitrag hier aufm Blog erzählen werde.

Die mir für die Klagemauer mitgegebenen Gebete kommen dennoch an ihren Bestimmungsort. Sogar noch schneller als sie mit mir dort angekommen wären.

Wir sehn uns aufm Freakstock !




2 Kommentare:

  1. hallo tom! das ist sehr bewegend und berührend was du hier schreibst. es hilft auch mir auf meinem weg. ich habe durch die jasmin von dir und deinem blog erfahren und es ist so ein geschenk von oben solche erfahrungen zu lesen. das hilft mir weiter, denn auch mir fällt es schwer mit leichtigkeit und fröhlichkeit zu scheitern...:) alles gute weiterhin,..und: der weg hört nie auf (egal wo man geht und wo man steht)

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  2. Hab dank für deinen Kommentar, Raimund. Es freut mich sehr, dass ich dir durch mein erlebtes weiterhelfen konnte! Dann hatte das Getippe wenigstens noch nen weiteren Sinn, als das erlebte nur für mich selbst in der Zukunft lebendig zu halten.
    Ich wünsch dir, dass Gott liebevoll und warm in dein Herz und auf deine Seele scheint!

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